Der erste Wettbewerbsdurchlauf im Jahr 2013 stand unter dem Motto „Ortsgestaltung durch Innenentwicklung“. Es wurden Sieger in fünf Kategorien ausgezeichnet, die sich an der Ortsgröße und Bevölkerungsentwicklung orientierten. In einer Kategorie wurden zwei Preise vergeben, da beide Bewerber vorbildlich auf ihre ganz unterschiedlichen Herausforderungen reagiert hatten. Die Sieger zeichneten sich generell durch lokal angepasste Lösungen aus, bei denen Kreativität und Engagement eine große Rolle spielten. Sie alle zeigten ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Bedeutung des Ortskerns im Dorfleben. Dabei integrierten sie die Bewohner von Jung bis Alt und ermöglichten modernes Leben mit viel Gespür für das historische Erbe.
Fraunberg steht vor der Herausforderung, auf Einwohnerzuwachs und eine starke Fluktuation in der Großregion München zu reagieren. Die Grundidee besteht deshalb darin, trotz großem Siedlungsdruck ein dörfliches Zentrum zu erhalten, das Begegnungsmöglichkeiten bietet. Nach Erstellung eines Modells für die Dorfmitte wurden von der Gemeinde Flächen und Gebäude erworben, um Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Rathaus und Kinderzentrum, das Betreuungsangebote für alle Altersgruppen bietet, sind im Kern bereits vorhanden. Sie sollen durch ein Bürgerhaus mit Potenzial für Arztpraxen und betreutes Wohnen ergänzt werden. Entlang der Hauptstraße kauft die Gemeinde Gebäude auf, in denen Wohnnutzung nur für die oberen Geschosse vorgesehen ist, während im Erdgeschoss der Einzelhandel gestärkt werden soll. Die vorhandene Durchgangsstraße soll Basis der Wirtschaftlichkeit sein.
Goldenstedt hat sich durch Neubaugebiete am Ortsrand in den letzten Jahren räumlich stark ausgedehnt. Entlang der Hauptstraße gaben viele Geschäfte auf, weil es ein großes Einkaufszentrum am Ortsrand gibt. Parteiübergreifend wurde vor einigen Jahren die AG „Ortskernentwicklung“ gebildet und die Vision „Goldenstedt 2020“ erarbeitet, nach der die verdichtete Bauweise im Ortskern fokussiert werden soll. Sie dient als Rahmen für öffentliche und private Investitionen. Es sollen vor allem Verbindungen zu modernen Gemeinschaftseinrichtungen und attraktiven Gebäuden in der „zweiten Reihe“ hergestellt werden, indem kleine Plätze und Fußwege angelegt werden. Rund um die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde wurde bereits der „Neue Markt“ gestaltet, der auch die Schulgebäude integriert. Neben einer großen Veranstaltungsfläche findet sich hier auch die denkmalgeschützte Kirche des Ortes. Die stark frequentierte Hauptstraße („erste Reihe“) weist mehrere Leerstände auf, die einer neuen Nutzung zugeführt werden sollen. Ein Grundgedanke besteht darin, ältere Menschen im Zentrum anzusiedeln, durchaus auch an der Hauptstraße, damit es für sie Möglichkeiten gibt, Bewegung im Ort zu beobachten. An der Reduzierung des LKW-Verkehrs, für den momentan ein Durchfahrtsverbot besteht, wird weiter gearbeitet. Die Bedürfnisse der Senioren wurden außerdem bei der Einrichtung eines Mehrgenerationenhauses und -parks berücksichtigt.
Kyllburg hat in den letzten Jahrzehnten durch die periphere Lage in der Eifel viele Einwohner verloren. Als vor 15 Jahren zudem ein großes Hotel im Zentrum schloss, zog sich der Einzelhandel immer weiter zurück und Leerstand verbreitete sich wie eine Krankheit. Der äußerliche Verfall führte zu einer pessimistischen Grundhaltung der Bewohner. 2012 gründeten zunächst drei Interessierte die „Offensive gegen Leerstand“, die als ersten Schritt das Modellprojekt „Kunst – Kultur – Kyllburg“ ins Leben rief. Dabei übernimmt die Offensive die Patenschaft für Ladenlokale und richtet die Räume und Schaufenster in Absprache mit neuen Nutzern – vorrangig Vereine, Künstler oder Kunsthandwerker – wieder her. Außerdem werden besondere Veranstaltungen, z. B. Krimi-Lesungen oder Ausstellungen in den Läden, durchgeführt. Auch Kinderkunstprojekte finden statt. Nach einem erfolgreichen Kultursommer 2013 mit vielen Ausstellungen in den leerstehenden Läden ist die Initiative inzwischen auf bis zu 20 Engagierte angewachsen. Statt wahrscheinlich vergeblicher Versuche, Einzelhandel wiederzubeleben, konzentriert sich Kyllburg auf neue Nutzergruppen. Beispielsweise steigt die Nachfrage nach Ateliers im Ort. Neben der Ansprache von Künstlern wird auch mit den Krimi-Lesungen gut auf die Identitäten vor Ort („Eifel-Krimi“) reagiert. Die neue Attraktivität des Ortskerns führte dazu, dass sich inzwischen auch ein neuer Nutzer für das Hotel im Zentrum fand. Auch konnte erreicht werden, dass Immobilienbesitzer nicht auf unrealistischen Mieten beharren.
Verbundbewerbung der Orte Altendorf, Eslarn, Guteneck, Niedermurach, Oberviechtach, Schwarzach, Schönsee, Stadlern, Teunz, Thanstein, Weiding und Winklarn. Gemeinsam haben die 12 Gemeinden die „Leerstandsoffensive“ ins Leben gerufen, zu der sie monatlich unter Einbindung eines Planungsbüros und regelmäßig auch themenspezifischer Experten ein Treffen abhalten und andere Regionen besuchen. Gemeinsam mit der Regierung Oberpfalz wurde 2009 ein Projekt ins Leben gerufen, mit dem vier junge Hochschulabsolventen unterschiedlicher Disziplinen für zehn Monate einen Leerstand nutzten. Zu ihren Aufgaben gehörte dabei, alle Leerstände zu kartieren, Ideen für eine Neunutzung zu entwickeln, die Eigentümer anzusprechen und mit Partizipationsmethoden wie z. B. Zukunftswerkstätten die Dorfbewohner zu sensibilisieren. Umnutzungsideen sollen sich am Bedarf der Bevölkerung (Nahversorgung, Seniorenwohnungen, etc.) orientieren oder über touristische oder Mietwohnangebote zusätzlich Personen in die Orte locken. Die Projekte werden deshalb mit lokalen Unternehmern und Gastronomen entwickelt. In den einzelnen Orten gibt es verschiedene Umsetzungsprojekte, z. B. der Umbau einer Scheune zu einer Veranstaltungshalle und einem Museum unter aktiver Beteiligung der Bevölkerung, die umfassende Neugestaltung der Ortsmitte und der Aufbau eines Dorfladens in einer ehemaligen Sparkasse in einem zweiten Ort, die Umnutzung eines ehemaliges Brauhauses für seniorengerechte Wohnungen oder die Unterstützung von traditionellen Familienunternehmen, damit sie bestehende Gebäude im Kern ausbauen und gewerblich nutzen.
Otersen hat 34 Baudenkmäler auf 15 Hofstellen, viele Ortsbild prägende Gebäude stehen leer. Seit den 1990er Jahren läuft ein Bewusstseins- und Sensibilisierungsprozess im Ort. Die Dorf- und Vereinsgemeinschaft e. V. hat die Innenentwicklung als Satzungsziel aufgenommen. Gemeinsam mit den Bürgern wurde zudem ein Dorfentwicklungskonzept erarbeitet, in dem die Formulierung „Neues Leben in alten Gebäuden – Ortskern erhalten und beleben“ als Ziel aufgenommen ist. Sowohl privat als auch durch örtliche Vereine wurden bereits zahlreiche Hofanlagen in neue Nutzungen überführt. Ein altes Schulhaus wurde von der Gemeinde zum Kindergarten und zur Mini-Sporthalle umgebaut. Auch hat sie eine ehemals landwirtschaftliche Fläche mit einem Häuslingshaus gekauft und zum Dorfplatz mit Sport- und Rastanlagen umgebaut. Das Häuslingshaus wurde vom Sportverein saniert und zu einem Fitness-Studio umgebaut, zusätzlich wurde hier ein Jugendraum eingerichtet. Der Dorfladen w. V. erwarb ein Grundstück im Ortszentrum und baute das dortige Häuslingshaus mit viel Eigeninitiative und -mitteln zu einem Dorfladen mit Café um. Auch eine Wohnung wurde im Dachgeschoss eingerichtet. Auf der Grundstücksfläche sollen in Zukunft auch barrierefreie Wohnungen entstehen. Privat wurden ein Fachwerk-Doppelhaus, eine denkmalgeschützte Durchfahrts-Scheune und ein alter Schweinestall zu Wohnhäusern umgebaut; auch wurden als private Maßnahme zwei Fachwerk-Speicher umgesetzt, um sie zu bewahren.
Verbundbewerbung der Orte Blankenburg, Kirchheilingen, Sundhausen, Tottleben. Die vier Orte haben 2011 gemeinsam die „Stiftung Landleben“ gegründet, deren Ziele in der Planung und dem Bau von seniorengerechten Wohneinheiten bestehen. Für diese werden freie Flächen in den Ortszentren genutzt. Der Grundgedanke hierbei ist, dass das ursprüngliche Wohneigentum – oftmals vom Verfall bedrohte Hofanlagen – zur Finanzierung der Wohnmiete in die Stiftung eingebracht werden kann. Ziel ist es gleichzeitig, diese so umzubauen und zu sanieren, dass sie wiederum an junge Familien vermietet werden können. Mit dem Bau barrierefreier Bungalows wird es Senioren ermöglicht, ihren Lebensabend im Dorf zu verbringen. Teilweise wohnten diese vorher in schlecht gedämmten Gebäuden, in denen Treppen bewältigt und Kohleöfen versorgt werden mussten. Die Gestaltung der Bungaloweinheiten ermöglicht eine Versorgung auch durch Pflegedienste; zudem können die älteren Bewohner durch die Lage in der Ortsmitte direkt am Gemeindeleben teilhaben. Die Bungaloweinheiten passen sich baukulturell unauffällig in die Dörfer ein. Eine Sanierung von Altgebäuden war bislang noch nicht nötig, da sich aufgrund der momentan bestehenden erhöhten Immobiliennachfrage oft Käufer für diese finden.
Wettbewerbs-Broschüren als pdf zum Download per Mausklick auf das jeweilige Bild
(gedruckte Exemplare können kostenlos bei der Agrarsozialen Gesellschaft bestellt werden.)
Die 2013 und 2015 durchgeführten Wettbewerbe wurden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie der Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert.